Je dringlicher eine Aufgabe ist, umso schneller sollte diese erledigt werden; lautet ein guter Zeitmanagement-Tipp. Cindy Holmberg, Landtagskandidatin für Wahlkreis 61 für Bündnis90/DieGrünen, hat es eilig mit dem kommunalen Klimaschutz.
Als langjähriges Mitglied der Verbandsversammlung des Regionalverbands Neckar-Alb hat sie schon mal erlebt, wie eine integrierte Klimaschutzkonzeption wegen mangelnden Ehrgeiziges gescheitert ist. Die Kommunen waren damals nicht weit genug. Heute drängt die Zeit. Noch nie war die scheinbare Floskel „Think global, act local“ so relevant wie jetzt. Weshalb Cindy Holmberg am 23. Februar „Kommunaler Klimaschutz“ in einem Online-Fachgespräch mit dem Grünen klimapolitischen Sprecher Daniel Renkonen MdL zum Thema machte.
Die Hechinger Stadträtin und Physikerin Almut Petersen erläuterte die schwierige Aufgabe aus Sicht der Kommunen. Die Politik muss immer vom Ziel orientiert sein, betonte sie. Entscheidend sei, dass die Kommunen in 10 Jahren ihre CO₂-Emissionen auf null reduziert haben. Das sei eine große Herausforderung für die Kommunen, die diesbezüglich in den drei Handlungsfelder Gebäuden, Verkehr und Industrie Strategien entwickeln müssen, um CO₂ zu vermeiden, ersetzen und binden. Dies sei eine sehr komplexe Aufgabe, zumal die Kommunen sich mit Fragen des Verbrauchs (etwa von Straßenbeleuchtung), Dienstleistungen (Stadtwerke) und Infrastruktur beschäftigen müssen. Auf der Infrastrukturebene, zum Beispiel, sieht man, dass immer mehr Straßen gebaut werden während Fahrräder und Menschen an den Rand gedrückt werden.
Kommunen seien auch für die Rahmenbedingungen für das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger zum Teil zuständig: hier geht es um Anreize, Verbote, Fördern und Fordern. Eine tatkräftige Verwaltung sei der Schlüssel und Programme wie der Europäische Energiepreis (EEA) können helfen, Messinstrumente und Handlungspläne zu entwickeln. Für Daniel Renkonen beginnt Klimaschutz auch vor Ort und nicht auf internationalen Gipfeln, wo mehr CO₂ emittiert als gespart wird. Das alte Denken sei doch noch sehr Autolastig. Es gibt Zustimmung für Umgehungsstraßen. Bei Fahrradwegen ist die Zurückhaltung aber noch stark. Die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes, das 2013 unter der Grün-Roten Landesregierung in Kraft getreten ist, sind eingehalten worden. Aber die avisierte 25% Reduzierung in CO₂ Emissionen bis 2020 wurde nur wegen der Coronakrise erreicht.
Für Bewegungen wie Fridays for Future ist das alles wenig ambitioniert. Es sei leider wahr, dass 50% der Stromerzeugung in Baden-Württemberg von Atomstrom gekommen ist. Diese waren zumindest klimafreundlicher als Kohlekraftwerke. Auch der Autoverkehr ist überproportional stark im Ländle und macht 30% des CO₂–Ausstoßes aus.Renkonen stimmte mit Almut Petersen überein. Wer kein Ziel hat, kann auch keines erreichen! Aus diesem Grund gibt die 2020 Novelle des BW Klimaschutzgesetzes einen detaillierten Zielpfad vor. Dieses beinhaltet beispielsweise verbindliche Wärmeplanung für große Kreisstädte und Stadtkreise, massiven Ausbau der Solarenergie und Erschließung ungenutzten Potentials mit einer Solarpflicht für Nichtwohngebäude, wie Turnhallen oder überdachte Parkhäuser. In Zukunft muss es Ziel sein, eine Solarpflicht für Neubauten im allgemein. Dies sei mit der CDU nicht möglich gewesen.
Die Grünen wollen auch eine Mobilitätsgarantie bis 2030 realisieren, wonach alle Orte in Baden-Württemberg von fünf Uhr früh bis Mitternacht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sein. Radverkehr in den Kommunen wird mit einer Verdoppelung der finanziellen Mittel auf bis zu 75% der Kosten gefördert – die Kommunen sollen auf diesen Zug aufspringen! Für den Zugverkehr werden bis zu 25 Strecken reaktiviert. Die Schnellladensäule Infrastruktur soll massiv ausgebaut und die Anzahl der Wasserstofftankstellen für den Lkw-Verkehr verdoppelt werden. Cindy Holmberg, die in den letzten 20 Jahren ohne Auto gelebt hat, stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Ladestruktur für das e-Auto, das sie für den Wahlkampf benutzt, gar nicht so schlecht sei. Utz Gundert, Gemeinderat in Engstingen, bemerkte, dass die Kommunen zwar viel mehr tun müssten, um den Klimaschutz voranzubringen, seien aber schlicht von der Menge der Herausforderungen überfordert.
Die Landkriese müssten die Kommunen an die Hand nehmen. Es gibt tatsächlich Landkreise in Deutschland, in denen über 50 % der Kommunen eine/n KlimamanagerIn haben. Es kommt jetzt einen neuen Landrat, entgegnete Cindy Holmberg. Dies könnte auch neue Chancen sich eröffnen. Friedrich Hagemeister von der Arbeitsgemeinschaft Kommunaler Klimaschutz begrüßte die Fortschritte, die es endlich bei der Regionalstadtbahn gebe. Jetzt aber muss mehr Fläche für Photovoltaik bereitgestellt werden. Speicher sollten gebaut werden, wie in Schwäbisch Hall, zum Beispiel. Die Windenergie komme leider nicht so schnell voran wie vor 10 Jahren. Allerdings glaube er, dass mehr möglich sei wenn Landräte und Bürgermeister es wollen. Entscheidend sei die Beteiligung der Bürger. Daniel Renkonen schloss die Veranstaltung mit der Feststellung, dass das Geld für die Kommen da sei. Zum Beispiel für die Regionalstadtbahn. Wir haben Geld in Zeiten des Klimawandels.